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Keine Kündigung (nur) wegen gewinnbringender Umsetzung eines Neubauvorhabens.

Die Beklagte mietete von der damaligen Eigentümerin eine Erdgeschosswohnung in Hude zu Wohnzwecken und zum Betrieb einer Heilpraktikerpraxis. Die Wohnung wurde im Jahre 2006/2007 vollständig mit einer Wärmeisolation versehen, Bad und WC wurden erneuert und die Böden der Wohnung ausgewechselt. Die Klägerin, die ein Bauunternehmen und eine Zimmerei betreibt, erwarb im Jahr 2017 das Hausgrundstück. Mit Schreiben vom 28.07.2017 kündigte die Klägerin der Beklagten zum 30.04.2018 das Mietverhältnis. In der Kündigung führte sie aus, dass sie beabsichtige, das Wohnhaus abzureißen und durch ein Mehrfamilienhaus mit mindestens 8 Wohneinheiten zu ersetzen. Sie führte weiterhin aus, dass dabei voraussichtlich monatliche Erlöse von 3.500,00 EUR erzielt werden könnten, wobei die monatlichen Erträge aktuell bei 1.000,00 EUR lagen. Die Beklagte widersprach der Kündigung fristgemäß und verlangte die Fortsetzung des Mietverhältnisses.

Das Amtsgericht Oldenburg hatte mit Urteil vom 11.09.2018 die Beklagte zur Räumung verurteilt. Dagegen wendete die Beklagte sich mit einer erfolgreichen Berufung vor dem Landgericht Oldenburg.

Die 16. Zivilkammer des Landgerichts stellte in einem Urteil vom 26.11.2019 fest, dass das Mietverhältnis nicht durch die Kündigung beendet worden war.

Zunächst war aus Sicht der Kammer schon zweifelhaft, ob dem Begründungserfordernis für eine ordentliche Kündigung ausreichend Rechnung getragen wurde, da die Kündigung nur sehr oberflächlich damit begründet worden war, dass ein neues Mehrfamilienhaus mit mehr Wohneinheiten errichtet werden soll und der monatliche Erlös um 2.500 EUR gesteigert werden könne.

Eine nach den schriftlich im Kündigungsschreiben angegeben Gründen scheiterte letztendlich daran, dass die Kammer in dem Fortbestand des Mietvertrages keinen erheblichen Nachteil für den Eigentümer sah. Vielmehr kam sie zu dem Schluss, dass das Bestandsinteresse des Mieters, in der bisherigen Wohnung als seinem Lebensmittelpunkt zu verbleiben, dem Verwertungsinteresses des Vermieters vorgeht.

Die Klägerin stützte die Kündigung allein auf den größeren wirtschaftlichen Vorteil im Sinne eines Mehrerlöses.

Dass ein Fortbestand des jetzigen Mietobjekts jedoch unwirtschaftlich sei, konnte das Gericht nicht feststellen. Dem Bestand des Mietverhältnisses stand nämlich lediglich eine Gewinnoptimierung von monatlich 2.500,00 EUR entgegen, wobei insoweit zu berücksichtigen war, dass die Klägerin nach eigenem Vortrag zuvor noch zwei Millionen Euro investieren wollte, was aus Renditegesichtspunkten wirtschaftlich für die Kammer nur schwer nachvollziehbar war.

Dass die Klägerin das Haus zum Zwecke der Errichtung eines Neubaus erworben hat, war aus Sicht der Kammer zudem nicht von entscheidender Bedeutung, denn sie hat den Kauf in der Kenntnis getätigt, dass das Haus vermietet war und dieses Risiko bewusst in Kauf genommen.

Demgegenüber war auf Mieterseite zu berücksichtigen, dass der Mietvertrag seit über 10 Jahren läuft und die Mieterin dort einen gefestigten Lebensmittelpunkt hat. Erschwerend wirkte, dass die Kündigung unmittelbar auch auf die berufliche Existenz der Mieterin Auswirkungen hat, da sie entsprechend der ausdrücklichen Vereinbarungen in den Räumlichkeiten ihre Heilpraktikerpraxis unterhält und damit ihren Lebensunterhalt bestreitet.

Die Kammer führte dazu aus, dass dies ein Verlassen der jetzigen Räumlichkeiten noch gravierender erscheinen ließe. Dies gelte umso mehr, als dass angemessene Räumlichkeiten, die sowohl für Wohnzwecke als auch für die berufliche Tätigkeit geeignet sind, schwer zu finden seien. Zudem habe die Mieterin ein nachvollziehbares Interesse daran, in der Nähe ihres bisherigen Patientenstammes zu bleiben.

LG Oldenburg, Urteil vom 26.11.2019 – 16 S 328/18

Quelle: Pressemitteilung des LG Oldenburg vom 29.4.2020.