Wenn eine Mieterhöhung noch vor dem Eigentumsübergang beschlossen wurde und Mieten daraus rückwirkend ausstehen, bleiben diese Ansprüche dem Voreigentümer vorbehalten. Eine Kündigung des Mietverhältnisses durch den neuen Eigentümer wegen solcher Zahlungsrückstände ist unwirksam.
Der Fall: Hintergrund und Problemstellung
In dem vorliegenden Fall hatte die frühere Vermieterin eine Mieterhöhung um 24,65 € monatlich ab dem 1. Februar 2020 gerichtlich durchgesetzt. Noch während des Berufungsverfahrens trat die neue Eigentümerin zum 31. Mai 2021 in das Mietverhältnis ein. Nach einer rechtskräftigen Verurteilung im April 2022 begann die Mieterin, die erhöhte Miete monatlich zu zahlen. Rückwirkende Beträge vor Eigentumsübergang zahlte sie jedoch nicht und verlangte dafür eine Abtretungserklärung vom Voreigentümer. Nach einer Abmahnung glich die Mieterin diese Beträge nur teilweise aus. Daraufhin kündigte die neue Vermieterin das Mietverhältnis ordentlich und erhob Räumungsklage.
Das Amtsgericht Kiel gab der Klage zunächst statt, doch die Mieterin legte Berufung ein.
Die Entscheidung des Landgerichts Kiel
Das Landgericht Kiel hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf und wies die Räumungsklage ab. Die Begründung: Die rückständigen Beträge aus der Mieterhöhung vor Eigentumsübergang stünden ausschließlich der Voreigentümerin zu. Der neue Eigentümer könne sich auf diese Rückstände nicht stützen, um eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs zu rechtfertigen.
Das Gericht betonte, dass es sich hier um periodische Leistungen handele, die den Zeitraum vor und nach dem Eigentumsübergang betreffen. In solchen Fällen sei das Fälligkeitsprinzip nicht anwendbar. Stattdessen müssten die Interessen aller Beteiligten – Mieter, neuer Eigentümer und Voreigentümer – sorgfältig abgewogen werden. Es sei unplausibel, dem neuen Eigentümer Ansprüche aus rückwirkenden Mieterhöhungen zuzusprechen, die aus einem Zeitraum vor seinem Eigentumserwerb resultieren.
Darüber hinaus stellte das LG Kiel fest, dass selbst bei Annahme eines Zahlungsanspruchs der neuen Eigentümerin die Kündigung unwirksam wäre. Die Mieterin hatte nach der Abmahnung einen Teil der Rückstände ausgeglichen und für die restlichen Beträge eine Abtretungserklärung verlangt. Dies zeige ihre grundsätzliche Zahlungsbereitschaft. Zudem sei ihr aufgrund der unklaren Rechtslage kein Verschulden anzulasten. Eine erhebliche Pflichtverletzung, die eine Kündigung rechtfertigen könnte, liege daher nicht vor.
Fazit
Dieses Urteil verdeutlicht, dass neue Eigentümer nicht ohne Weiteres Rückstände aus Mieterhöhungen vor dem Eigentumsübergang geltend machen können. Kündigungen, die auf solchen Rückständen basieren, haben vor Gericht einen schweren stand. Das Urteil zeigt auch, dass Gerichte in Fällen rückwirkender Ansprüche eine sorgfältige Interessenabwägung im Einzelfall vornehmen.
Urteil: LG Kiel, 28. Mai 2024 – 1 S 119/23
Vorinstanz: AG Kiel, 118 C 143/22
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