Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer nach einer unwirksamen Kündigung Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung hat, ohne sich dabei böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes vorwerfen lassen zu müssen, wenn keine zumutbaren Stellenangebote bekannt gemacht wurden. Das Gericht weicht damit von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ab.
Hintergrund des Falls ist ein langjähriger Mitarbeiter, dessen Arbeitsverhältnis von seinem Arbeitgeber im Januar 2021 außerordentlich gekündigt wurde, mit einer Auslauffrist bis zum 30. Juni 2021. Der Kläger, der seit 2014 bei der Beklagten beschäftigt ist, gewann die Kündigungsschutzklage. Er machte im Januar 2023 Ansprüche auf Annahmeverzugsvergütung für die Zeit von Juli 2021 bis August 2022 geltend, da er während der Arbeitslosigkeit keine neuen Beschäftigungsangebote erhalten hatte und selbst keine weiteren Arbeitsbemühungen unternommen hatte.
Das LAG entschied zugunsten des Klägers und bestätigte das Urteil der Vorinstanz, das der Beklagten zur Zahlung der Verzugsvergütung verpflichtete. Die Revision wurde aufgrund der abweichenden Rechtsauffassung zur Rechtsprechung des BAG zugelassen.
Das Gericht argumentierte, dass dem Kläger während des Annahmeverzugszeitraums keine zumutbaren Arbeitsangebote bekannt gemacht wurden, die er hätte böswillig unterlassen können. Die Beweislast liegt beim Arbeitgeber, der nachweisen muss, dass solche zumutbaren Beschäftigungsmöglichkeiten existierten und dass der Arbeitnehmer diese Kenntnis von diesen Möglichkeiten hätte haben müssen. Ein bloßer Verweis auf Stellenangebote, die im Nachhinein auf dem Internetportal der Agentur für Arbeit gelistet waren, genügt dem Gericht zufolge nicht.
Die Entscheidung hebt die Unvereinbarkeit zwischen arbeitsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Anforderungen hervor, wenn man den Arbeitnehmer ohne spezifische Vermittlungsangebote in eine Verpflichtung zur Jobsuche drängen würde. Dies würde letztlich zu einer strengeren arbeitsrechtlichen Verpflichtung führen, als sie das Sozialversicherungsrecht verlangt.
Das Urteil zeigt auf, dass Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für eine böswillige Unterlassung durch Arbeitnehmer tragen und fordert eine klare Abgrenzung zwischen arbeitsrechtlichen Pflichten und möglicherweise unzumutbaren Anforderungen außerhalb quantitativer Vorgaben von Eingliederungsvereinbarungen. Ein Termin zur Revision vor dem BAG ist für Januar 2025 angesetzt.
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