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Kein Vorbefassungsverbot für selbstständiges Beweisverfahren gem. § 485 ZPO.

Der Bundesgerichtshof hat die bisher streitige Rechtsfrage, ob einem Antrag auf Durchführung des (gerichtlichen) selbstständigen Beweisverfahrens das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis oder das rechtliche Interesse gemäß § 485 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3, S. 2 ZPO fehlt, wenn der Wohnungseigentümer nicht vorher eine Beschlussfassung über die Einholung eines Sachverständigengutachtens herbeigeführt hat, entschieden.

In dem zu entscheidenden Fall ging es darum, dass beim Ausbau des Dachgeschosses streitig war, ob die Anforderung an die Trittschalldämmung eingehalten waren. Die antragstellenden Wohnungseigentümer wollten den Bauträger in Anspruch nehmen. Deren Antrag, zur Vorbereitung dieser Ansprüche ein Gutachten über die behaupteten Mängel am Gemeinschaftseigentum einzuholen, wurde in der Wohnungseigentümerversammlung nicht zur Abstimmung gebracht. Daraufhin beantragten die Antragsteller die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens vor dem zuständigen Gericht. Das Gericht hielt diesen Antrag wegen Verstoß gegen des sogenannten Vorbefassungsverbots für unzulässig.

Der Bundesgerichtshof hielt zwar den rechtlichen Ausgangspunkt der Vorinstanzen für richtig, wonach über die Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung primär die Wohnungseigentümerversammlung gemäß §§ 21 Abs. 1 und 3, 23 Abs. 1 WEG zuständig ist. Deswegen hat ein Wohnungseigentümer grundsätzlich (beispielsweise im Falle einer Leistungsklage, vgl. BGH NJW-RR 2012, 910) vor Anrufung des Gerichts sich um die Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer zu bemühen.

Dies gilt allerdings nicht für ein selbstständiges Beweisverfahren gemäß § 485 ZPO.

Der Bundesgerichtshof weist darauf hin, dass das sogenannte Vorbefassungsverbot ausnahmsweise dann nicht gilt, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass der Antrag in der Eigentümerversammlung nicht die erforderliche Mehrheit finden wird. Dementsprechend wäre die Befassung mit dem Vorhaben in der Wohnungseigentümerversammlung eine reine Förmelei (BGH a.a.O.). Im selbstständigen Beweissicherungsverfahren geht es primär um die Feststellung von Tatsachen. Das selbständige Beweissicherungsverfahren gemäß § 485 ZPO hat die Funktion, zur Vermeidung eines Rechtsstreits beizutragen. Dies würde man gerade konterkarieren, wenn das jeweilige Gericht mit einer aufwendigen Prüfung, ob im konkreten Einzelfall die vorherige Befassung in der Eigentümerversammlung aussichtslos gewesen wäre, überfrachtet wäre.

Vor diesem Hintergrund setzt die Durchführung eines gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten selbstständigen Beweisverfahrens über Mängel an dem Gemeinschaftseigentum nicht voraus, dass der Antragstellerin der Wohnungseigentümer sich zuvor um eine Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung hinsichtlich der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den behaupteten Mängeln bemüht hat.

BGH, Beschluss vom 14.3.2018 – V ZB 131/17.